Offizieller Baubeginn der Ausbaustrecke Emmerich-Oberhausen
Bewertung des Festaktes am 20. Januar 2017
· Fehlstart unter Zeitdruck
· Keine konkreten Verbesserungen
Die Festredner zum Baubeginn waren voll des Eigenlobes und erweckten den Eindruck, alle Probleme seien so gut wie gelöst. Bei den Niederländern entschuldigte man sich für die Verzögerung von 25 Jahren und hob die Bedeutung der wichtigsten Güterzugtrasse Europas für die Wirtschaft und Wohlstand hervor. Jetzt muss alles ganz schnell gehen, obwohl wesentliche Probleme wie die Sicherheit nicht gelöst sind.
Kein Wort über die Gesundheit der Anwohner, über berechtigte Interessen der Anwohner, kein Wort über die Anstrengungen und Kosten der Anwohner – nicht mal eine Entschuldigung für die viele Jahre langen Baustellenprobleme, zerschnittenen Stadtteile und hässlichen Mauern, die uns erwarten.
Auch wenn anerkannt wurde, dass wir Bürgerinitiativen nicht gegen den Ausbau sind, sondern nur bessere Lösungen wollen, wurden keine konkreten Verbesserungen verkündet. Im Detail:
1. Keine Zusage, die Forderungen der staatlichen Feuerwehren voll zu erfüllen. Gebetsmühlenartig wurde betont, man sei im Gespräch – das hörte sich eher wie eine ganz große Drohkulisse von allen Seiten auf die kleinen Feuerwehren an.
2. Keine Verbesserung des Lärmschutzes, wir in NRW sind nach wie vor Bürger zweiter Klasse mit schlechterem Lärmschutz als in anderen Regionen Deutschlands.
3. Keinerlei Zusagen für über 7.000 Gebäude (geschätzt über 20.000 Anwohner), die nur einmalig einen passiven Lärmschutz bekommen (und nur für Wohn- und Schlafräume).
4. Keine Zusagen für bessere Bahnhöfe (transparente Wände statt Angsträume, z.B. ein Aufzug für den 7 Meter höher gelegten Bahnhof Friedrichsfeld etc.)
Unverständlich sind die Aussagen von Staatminister Ferlemann, es sei mehr als genug Geld in Berlin vorhanden – so viel könne die Bahn gar nicht verbauen. Wir fragen uns: Was sind dann die Gründe, die dazu führen, dass Bundesregierung und Deutsche Bahn AG, nicht auf die Forderungen nach zeitgemäßem Lärmschutz wie in Baden-Württemberg, Sicherheit und gutem Nahverkehr eingeht. Angesicht des Überschusses von 6,2 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2016, können diese Forderungen aus Sicht der Bürgerinitiativen nicht an Finanzierungsfragen scheitern. Es geht um 130 bis 190 Millionen Euro für mehr Lärmschutz und mehr Sicherheit an unseren 72 Kilometern Trasse, als bisher zugestanden.
Hier ist die NRW-Landesregierung in der Pflicht, für gleiche Lebensverhältnisse zu sorgen, wie in anderen Teilen Deutschland, z.B. in Baden-Württemberg. Dort wird nach neuesten Erkenntnissen mit den – und nicht gegen die – Bürger gebaut.
Auffallend war, dass nicht alle Bürgermeister der Betuwe-Kommunen anwesend waren. Wir Bürgerinitiativen haben den Eindruck, die kleinen Kommunen werden durch die Kostenregelungen bei Kreuzungs-Bauwerken erpresst und müssen mangels Rückendeckung des Landes schlechte Lösungen hinnehmen. Da mag nicht jeder Bürgermeister mitfeiern.
Es geht nicht nur um wenige Pechvögel, die zufällig am Gleis wohnen, sondern wirkt tief in unsere Ballungsräume. Was jetzt gebaut wird, wird über Jahrzehnte intensiv genutzt und die Lebensumgebung von Generationen beeinflussen. Konstruktive Lösungsvorschläge, zum Beispiel zur langfristigen Finanzierung von Mehrkosten, haben wir schon 2013 im Niederrheinischen Appell an die Bundesregierung und den Bundestag vorgelegt.
Die Akzeptanz bei den Menschen für die Verkehrswende hin zur Schiene wird nur gelingen, wenn am Gleis gesunde und sichere Lebensverhältnisse geschaffen werden. Nur dann ist die Schiene ein wirklich umwelt- und menschenfreundliches Transportmittel.
Wir wollen keine leeren Versprechungen mehr, keine Worthülsen. Die Pläne müssen substanziell und nachhaltig für Generationen nachgebessert werden
Stellungnahme der Bürgerinitiativen
zum Festakt vom 20. Januar 2017